Paris.

Paris - auch heute noch klingt der Name für viele Menschen nach Romantik, Kunst, Aufregung. Doch sein Nimbus nährt sich hauptsächlich durch die Erinnerung an eine glorreiche Zeit, die lange zurückliegt.


Bei meinem ersten Mal in Paris war es Februar. Paris zeigte sich kalt, nass und grau wie eine Maus in einem verregneten Gleisbett. Ich besuchte damals meinen Freund und merkte innerhalb weniger Augenblicke: Zwischen uns beiden geht es nicht weiter. Ich saß bei ihm fest, wir waren getrennt und doch zusammen in seiner Ein-Zimmer-Wohnung. Er arbeitete, ich erkundete Paris allein, mit verweinten Augen, sah mir die Galéries Lafayette an, Notre Dame, die Tuilerien.


Park im Stadtteil Belleville

Beim zweiten Mal war es Mai, der Frühling verhieß Erwachen und so reiste ich noch einmal nach Paris, um zu merken: Nein, es geht wirklich nicht weiter. Wir trennten uns wieder, endgültig. Wir besuchten zusammen noch La Défense, dann war es vorbei.

 Montmartre.

 
Trotz der Trennung blieben wir doch Freunde - es gab keinen großen Knall am Ende. Lediglich die Umstände einer Fernbeziehung, der Stress dadurch, die mangelnde Perspektive rissen uns auseinander. Irgendwann hörte die Musik zwischen uns einfach auf.


Über moderne Technologien hielten wir Kontakt. Die gemeinsamen Jahre verschwinden nicht einfach, man weiß immer noch, worüber der andere sich freut, welche Filme er schätzt, wie er auf Probleme reagiert. Manchmal summte ich gleichsam nostalgisch die Melodie unserer gemeinsamen Zeit vor mich hin.

Eifelturm bei Nacht. Nicht im Bild: Rosen- und Sektverkäufer

Dieses Jahr im August trafen wir uns wieder. Das Wetter war schön, warm, mit leichtem Wind, bauschige Wolken zogen am Himmel vorbei. Ich reiste mit dem Zug von München aus an - dank ICE und TGV recht schnell und bequem. Wir trafen uns wieder am Bahnhof Paris Est - als Freunde, mit Wangenküsschen, wie in Frankreich üblich. Wir waren dieselben Menschen und doch ganz anders.  Und schon bald bewegten wir uns wieder durch die Straßen, als hätte es die Jahre der Trennung nicht gegeben.

Krematorium Père Lachaise

Weil wir kein Paar mehr waren, konnten wir Dinge tun, die ich aus Gründen der Klischeebehaftetheit in der Vergangenheit immer abgelehnt hatte: Wir besuchten Montmartre, gingen in Parks, wir standen bei Nacht unterm Eifelturm und in Père Lachaise vor dem Grab von Apollinaire. Zusammen mit vielen anderen Touristen, die dem Traum von Paris hinterherjagen und im Gedränge doch nie finden können. Aber ich war unbelastet von Erwartungen an diese Stadt und dem Kummer, den Fernbeziehungen zweifellos auslösen. Es war, als ob ein alter Lieblingssong im Radio gespielt wurde und es freute mich diesen nach langer Zeit wieder zu hören.


Wenn ich die Bilder betrachte, die ich von Paris schoss, sieht alles so viel schöner und besser aus, als ich die Stadt während meines Kurzaufenthalts empfand. Viele vergangene Tage erscheinen im Rückspiegel unserer Erinnerung wie mit Goldrand. Unser Gedächtnis ist gnädig und schenkt uns die Nostalgie.

Montmartre, gesehen vom Musée d'Orsay.

Paris gehört für mich zweifelsohne zu den Städten, die fotogen sind - die Bilder, die ich schoss, beweisen das. Jedoch sagt das nicht viel über ihre tatsächliche Schönheit aus. Die Stadt ist an vielen Orten so chaotisch, so schmutzig, so vulgär, so kompliziert. Aber das muss jede und jeder für sich herausfinden.

Es war nur ein kleines Intermezzo. Die Musik ist aus, der Song im Radio zu Ende. Ich war froh, wieder zurück nach München zu gehen, in mein eigenes Leben, so wie er froh war, wieder allein zu sein. Die vier Tage in Paris waren eine Ahnung, wie es zwischen uns hätte sein können.


Man weiß selten, was Glück ist, 
aber man weiß meistens, was Glück war. 
- Francoise Sagan


Share this:

, , , , , ,

CONVERSATION

5 Bewertungen:

  1. Seltsam, wie unterschiedlich ein- und dieselbe Stadt gesehen werden kann. Als ich zum ersten Mal in Paris war, da hatte ich keine Erwartungen. Ich war so weltfremd, dass ich all diese Parisklischees gar nicht kannte. Ich wollte nur Museen besuchen und in den Ferien wenigstens eine Sprache sprechen, in der ich nicht arbeite.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ich kannte die Klischees, ich wollte sie nicht erfüllt haben - das ist mir damals hervorragend gelungen ;) Paris ist nicht meine Lieblingsstadt und wird es wohl nie sein. Unbestritten ist aber, dass die Stadt ein ganz spezifisches Gefühl auslöst - nur ist es für mich nicht völlig positiv.

      Löschen
  2. Kennst Du den Film "Midnight in Paris"?

    Da geht es auch um die Erinnerung an - ach, einfach gucken :-D.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ich habe den Film gesehen, aber er hat mich nicht so recht packen können. Vermutlich, weil Paris für mich inzwischen "vorbelastet" ist, was negative Erinnerungen anbelangt. ;)

      Löschen
  3. Bin gerade auf dein Blog gestoßen und fand es lustig, denn ich war auch in einem Februar das erste Mal in Paris und war total hin- und hergerissen zwischen einerseits "Oh, wahnsinn, ich bin in Paris" und "Oh wie GRAUenvoll..." Der Frühling machte dann vieles besser, und ich hatte wunderbare Erlebnisse in dieser Stadt und gleichzeitig war es eine der Schlimmsten und gleichzeitig eine der wichtigsten Zeiten in meinem Leben. Aber meine Lieblingsstadt wird es ebenfalls niemals werden!

    AntwortenLöschen